Nachhaltig denken ist nicht gleich nachhaltig handeln
Was sind eigentlich Verhaltenskosten?
„Die unverpackten Äpfel liegen direkt neben den in Plastik eingeschweißten Äpfeln. Die losen Möhren nicht weit von denen im praktischen Plastikbeutel. Bei losem Obst und Gemüse ist noch der Gang zur Waage nötig, außerdem ist der Transport nach Hause etwas umständlicher.“
„Es gab doch auch einen Unverpacktladen in der Nähe, oder? Heute käme ich nach der Arbeit dort vorbei, doch ich habe meine Glasdosen zuhause vergessen, die bräuchte ich ja, um die losen Linsen abzufüllen. Naja, dann nehme ich doch die in Plastik verpackten Linsen aus dem Regal direkt neben dem Obst und Gemüse mit.“

So geht es uns oft, das Verhalten, von dem wir wissen, dass es der Umwelt guttun würde, ist häufig aufwendig, die sogenannten Verhaltenskosten sind hoch. Nicht nur beim Einkaufen, auch beim Mobilitäts-, Energiesparverhalten und der Ernährung sind umweltfreundlichere Verhaltensweisen nicht selten – zumindest gefühlt – mit höheren Verhaltenskosten verbunden. Werden dann seitens einer Behörde, eines Unternehmens oder einer Initiative Kampagnen geplant, liegt der Fokus häufig darauf, eben diese Verhaltenskosten zu minimieren.
In der Wissenschaft wird schon lange gerätselt, warum die Kluft zwischen dem Handeln, welches man für richtig hält und dem tatsächlichen Handeln so tief ist. Eine mögliche Ursache findet Hirsch (1993): Häufig sei das Handeln, welches die Umwelt betrifft, kein Handeln mit einem ökologischen Ziel.
Ein Beispiel in Bezug auf das Einkaufsverhalten: Möchte ich einkaufen, wähle ich ein Verkehrsmittel, um zum Laden zu kommen. Mein Ziel ist das Einkaufen, nicht das Umweltschützen. Allerdings ist die Entscheidung, wie ich zum Laden gelange, einflussreich für meinen persönlichen CO2-Fußabdruck. Unser alltägliches Handeln hat also häufig negative Konsequenzen für die Umwelt. Dies sollten wir uns bei der Planung einer Handlung bewusst machen.
Die Verhaltenskosten können mit Hilfe von Boni gesenkt werden, die das neue Verhalten attraktiver machen. Es könnten Wege verkürzt, Barrieren abgeschafft und vermindert werden. Auch Wissensvermittlung ist eine häufig eingesetzte Strategie, denn nicht alle wissen, welches Verhalten der Umwelt tatsächlich besonders guttun würde.
Das häufig genannte Beispiel des Jutebeutels: Plötzlich war der Jutebeutel die scheinbar perfekte Alternative zum Plastikbeutel. Doch spätestens als die dritte Schublade im Eingangsbereich vor Jutebeuteln überquoll, hat man sich gefragt: Ist das jetzt wirklich besser? Die Ökobilanz eines solches Beutels ist nur dann vertretbar, wenn er häufig eingesetzt wird – so wie es mit den Beuteln bei Glasbote gehandhabt wird. Würde statt eines Pfands bei jedem Einkauf ein neuer Beutel verschenkt, wäre die Nachhaltigkeit nicht gewährleistet. Daher sollte der Jutebeutel zwischen 20- und 100-mal verwendet werden, um der ökologischen Bilanz gerecht zu werden (Deutschlandfunk, 2018). Dein Glasbotebeutel hat also noch einiges vor!
Auch auf anderem Wege können die Verhaltenskosten gesenkt werden: so kann der Aufwand, das Verhalten auszuführen, minimiert werden. Genau das ist das Gute an der Idee von Glasbote: man muss morgens nicht dran denken, die leeren Gläser einzupacken, man hat keine Extratüte voller scheppernder Glasdosen auf dem Weg zur Arbeit dabei – man kann einfach online bestellen und bekommt den Einkauf per E-Lastenrad, so CO2 reduziert wie möglich bis an die Türschwelle geliefert. Leichter kann es kaum werden!
Gastbeitrag von Andrea Langel
Hirsch, Gertrude (1993): Wieso ist ökologisches Handeln mehr als eine Anwendung ökologischen Wissens?Überlegungen zur Umsetzung ökologischen Wissens in ökologisches Handeln. In: GAIA – Ecological Perspectives for Science and Society 2 (3), S. 141–151. DOI: 10.14512/gaia.2.3.6.